Arbeitgeberverband: Eine Hand in der Staatskasse

Roland A. Müller will, dass der Staat die Kosten übernimmt, wenn ein Unternehmen keine existenzsichernden Löhne zahlt. Das ist nicht nur zynisch, das ist antiliberal. Ein Kommentar.
Von Reda El Arbi

«Ein rein existenzsichernder Lohn ist nicht die Aufgabe der Arbeitgeber», sagte Roland A. Müller, Direktor des Arbeitgeberverbands, wie jetzt bekannt wurde an einer Anhörung durch die Wirtschaftskommission des Nationalrats. «Da muss dann schliesslich die Sozialhilfe einspringen.»

Als ich diese Aussage hörte, hielt ich sie für einen schlechten Witz. Und nur, damit wir uns richtig verstehen: Es geht hier um Vollzeit-Löhne, nicht um irgendwelche Teilzeitstellen. Dass linke Parteien und Organisationen darüber erbost waren, ist nicht überraschend. Überraschend ist, dass man aus liberalen Kreisen keinen Ton vernimmt. Seit der Industrialisierung gelten in der Schweiz liberale Grundwerte: Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und machen damit Profit, Angestellte arbeiten in den Betrieben, dafür erhalten sie einen Lohn, der ihnen ein anständiges Leben ermöglicht. Das ist der urliberale Gedanke.

ElonMuskisierung der Schweiz

Was der Chef des Arbeitgeberverbandes jetzt will, ist, dass wir mit Steuergeldern die Unternehmensgewinne subventionieren. So sollen Unternehmen Profite einstreichen können, während der Staat mit unseren Steuergeldern das (Über)Leben der Arbeitnehmer*innen finanziert. Dass neoliberale und libertäre Unternehmer den Staat zwar beschneiden wollen, sich aber immer mit einer Hand in der Staatskasse bedienen, war schon vor der ElonMuskisierung der USA bekannt.

Dass aber Schweizer Arbeitgeber so direkt aus dem Volksvermögen abzocken wollen, mit einer zynischen Verachtung für die Menschen, die ihre Gewinne erarbeiten, ist neu. Man muss bewundern, wie dreist und beinahe schon mutig der Arbeitnehmerverband eingesteht, dass ihm liberale Werte am Hintern vorbeigehen. Wir haben ja bereits grundsätzlich die Situation, dass Gewinne privatisiert und soziale Risiken und Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Nur nie in einer solchen Deutlichkeit.

Unternehmerische Versager

Was Roland A. Müller aber auch eingesteht: Es geht nicht mehr um unternehmerisches Können, um Leistung. Es geht nur noch um Gewinnoptimierung um jeden Preis. Denn: Wer ein Unternehmen führt, das aus wirtschaftlichen Gründen keine existenzsichernden Löhne zahlen kann, ist ein Versager. Wer seine Produkte und Dienstleistungen nur dann gewinnbringend anbieten kann, wenn der Staat für die Bezahlung der Arbeitnehmer*innen aufkommt, ist eine unternehmerische Trauerfigur.

Was schmerzt, ist, dass auch Grünliberale und Mitte-Politiker*innen bei dieser Abzocke von Staatsgeldern mitmachen. Bürgerliche, die eigentlich Eigenverantwortung und Leistung predigen, und dann die Verantwortung auf die Steuerzahler abschieben, sind ein Witz.

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