Bühne: Burnout oder Boreout?

Das emotionale Loch zwischen den Projekten kann ermüdend sein. Steffi überlegt sich, ob sie einen bühnenfremden Job annehmen soll, um die Krisen in Schach zu halten.
Von Stefanie Gygax

Ich befinde mich in einem sogenannten künstlerischen Arbeitsloch. Um psychisch nicht zu verzweifeln, beschäftige ich mich mit Gelegenheitsjobs, Bewerbungen und treffe Berufskollegen, um mich auszutauschen.

Ich bin zwar „beschäftigt“ und irgendwas arbeiten geht ja immer, um über die Runden zu kommen, aber ich bin unglücklich. Ich mülle mich zu mit nicht-künstlerischer Arbeit. Ich stelle wiedermal mein ganzes Leben infrage, fühle mich ausgelaugt und gelangweilt zugleich.

Diese Phase habe ich als freischaffende Sängerin schon oft erlebt und dennoch wird das Verständnis nicht grösser, sondern es schwindet immer mehr. Wo liegt der Sinn im Leben? Gibt mir das Arbeiten im Theater wirklich meinen ganzen „Lebenssinn“? Definiere ich mich derart mit dem Bühnenschaffen, dass ich ohne dies nicht glücklich sein kann?

Ich beobachte meine lieben Kollegen und Kolleginnen auf den sozialen Medien, wo diese gerade singen oder spielen, möchte aber keinesfalls mit Ihnen tauschen. Bewusst bewerbe ich mich nicht mehr überall. Das Motto: „Ich mache alles, Hauptsache ich stehe auf der Bühne“ gilt nicht mehr, so wie in meinen Zwanzigern. Die Ansprüche sind gestiegen und ich mache nicht mehr jeden „Seich“ mit.

Nun stehe ich an dem Punkt, wo ich mich frage, ob es nicht doch besser wäre, eine Anstellung irgendwo zu bekommen, um vielleicht nur noch 50 % in Freiheit zu geniessen. Dann bin ich aber gebunden, hier in der Schweiz und kann nicht mehr von heute auf morgen ins Ausland abhauen. Für die meisten meiner Schweizer Artgenossen ist dies ganz normal, weil das Leben in der Schweiz einfach unfassbar teuer ist. Meine ausländischen Kollegen kommen schnell mal mit ein paar Konzerten eine Zeit lang über die Runden, aber in unserem schönen Land Schweiz reicht dies leider nicht sehr weit.

Ich erfinde mich gerne neu in solchen Situationen, um frische Motivation zu finden. Ich starte ein eigenes neues Projekt und bewerbe mich an Orten, wo ich mich noch nie beworben habe, um zu sehen, was passiert. Einige meiner befragten Kollegen machen in solchen Arbeitslücken ein Studium oder starten ihre eigene Produktionsfirma, probieren sich auf der Leading-Team-Seite …

Ich bin momentan sehr unschlüssig, was ich noch lernen will, wo ich mich weiter ausprobieren will. Weiterbildungen habe ich schon dutzende gemacht. Mich interessiert das Praktische, das Unterrichten, was ich schon eine Weile mache und der nächste Schritt ist in Richtung Regie, Produktion. Ich hole mir Inspiration bei Coaches und Therapeuten und versuche, nicht an der Ungewissheit zu verzweifeln.

Nicht zu wissen, was als Nächstes passiert, hat auch immer etwas Aufregendes. Der Nervenkitzel hört nie auf, er verändert sich bloss mit dem älter werden. Ich wünsche uns in solchen Momenten des Zweifelns und der Ungewissheit, dass wir uns neue Inspiration holen und eigene Ideen kreieren.

Was berührt euch? Wie möchtet ihr euch in der Kulturbranche einbringen und was möchtet ihr Neues kreieren?

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